Bei seinem gewohnten Glück würde der Besitzer der Schmiede wohl nicht allzu bald von seiner Mittagspause zurückkehren und so sah Shinki schon mal einer langen Wartezeit entgegen, daher zog er schon wieder einmal die Schriftrolle seines Tantchens heraus und suchte den entsprechenden Abschnitt zur Bearbeitung von Metall heraus, wenn er schon warten musste konnte er sich zumindest schon einmal mit dem Werkzeug hier in der Schmiede vertraut machen, dann wäre er für den Einstieg gut dabei. Seine Puppe blieb für dieses Mal noch versiegelt, im Moment gab es nicht sehr viel für ein extra Paar Augen zu tun, er hatte schließlich ausreichend Zeit und konnte sich das Werkzeug auch so selbst ansehen, auch wenn das hieß, das er seine Schriftrolle für ein paar Augenblicke aus den Augen lassen musste ... normale Menschen taten es schließlich auch, also warum nicht er? Zunächst begann es, ganz passend zu seiner aktuellen Situation und Umgebung, mit einer kurzen, simplen und eher trockenen Ausführung über die wichtigsten und einfachsten Werkzeuge im Gebrauch und jedes Mal nachdem er ein paar kurze Zeilen und ein Bild dazu überflogen hatte suchten seine Augen den Raum ab um das reale Gegenstück dazu ausfindig zu machen. In der ordentlich aufgeräumten kleinen Schmiede war der Teil ein leichtes, wobei Shinki auffiel, das es für praktisch jede abgebildete Werkzeug hier zumeist eine Vielzahl an Variationen gab, die vor allem in Größe und Gewicht, aber auch in spezielleren Eigenschaften wie Länge des Griffes oder Form des Aufsatzes, ziemlich unterschiedlich ausfielen und in der Einführung seiner Schriftrolle bisher keine Platz fanden.
Shinki war es zwar gewohnt Holz mit seinen Werkzeugen zu bearbeiten und kannte es daher, das nicht alle Objekte der gleichen Art unbedingt identisch sein mussten, das es besser sein konnte für spezielle Bearbeitungen dafür speziell gefertigte Hilfsmittel zu verwenden, doch das hier waren für den unerfahrenen Puppenspieler nun ganz neue Verhältnisse. Als er mit der kurzen Einführung fertig war und bei kurz überflogenen Wiederholen mehr als zwei Dutzend verschiedene Hämmer und Zangen zählte war es schon mal klar das diese Fertigkeiten, nach denen er hier strebte, keine kurze Übung für einen freien Nachmittag waren.
"Tja, solange niemand von der Obrigkeit sich dazu bequemt mir ein Team oder Aufgaben zu geben bin ich ja ausreichend mit Zeit gesegnet", dachte Shinki und nahm wieder auf seinem Hocker platz, so dass er sich sogleich um das erste richtige Kapitel seiner Aufzeichnungen über das Wesen der Schmiedekunst widmen konnte.
Das grundsätzliche Konzept des Schmiedens versprach nicht gerade große geistige Beanspruchungen seinerseits, zumindest nicht wenn es um den Kern des Ganzen ging, dieser schien einem mehr oder mindest fixem und eher simplen Schema von aufeinander folgenden Abläufen zu folgen und so war Shinki während des ersten Kapitels, in dem es genau darum ging, alles andere als eingeschüchtert und sah hier einen ziemlich lockeren Fall von "einfach machen, dann läuft das bald von selbst" vor sich, die hellste Leuchte musste man als Schmied wohl nicht gerade sein und den Körperlichen Teil würde er in Form seiner Puppen locker hinbekommen ... so dachte er zumindest am Ende des ersten Kapitels und da zu dem Zeitpunkt noch immer niemand aufgetaucht war um ihn zu unterbrechen sah er es an der Zeit eilig fortzufahren, nur um von dem Input überrollt zu werden.
Alleine die unterschiedlichen Arten an Metall, es schien dutzende Erze in ihrer reinen Form zu geben und schier hunderte, wenn nicht tausende, von unterschiedlichen Legierungen, die sich alle in ihren Eigenschaften unterschieden, ganz zu schweigen von Sorten von Metall die richtig bearbeitet zu Waffen wurden die Chakra nicht nur leiten sondern auch über bestimmte Zeiträume hinweg speichern konnten. Alleine die Auswahl des perfekten Materials war eine Art Wissenschaft für sich, von der Beschaffung und wenn Nötig Herstellung ganz zu schweigen. Hier in dem Laden, so viel wusste er von seinem wenn auch recht kurzen vorherigem Besuch hier, konnte er das meiste einfache Zeug erstehen, doch war das gerade einmal ein Bruchteil dessen was es laut der Schriftrolle zu kennen gab und es deckte zumeist auch nur das untere Spektrum der Nützlichkeit ab, also ausreichend für einen Anfänger wie ihn, aber spätestens wenn es in einer Mission gegen einen ernst zu nehmenden Feind ging könnte seine eigene Haut gut und gerne davon abhängen das Shinki mit seinen Fertigkeiten weiter oben im Spektrum wandelte.
Das alles würde er bei Gelegenheit vertiefen können, für den Moment das alles auswendig zu lernen und damit hunderte und aberhunderte von Daten in sein Gedächtnis zu pressen erschien ihm wenig sinnvoll, neun Zehntel davon wären nach seinem nächsten Nickerchen vermutlich ohnehin verschwunden, daher fuhr er nun erst einmal mit dem nächsten Kapitel fort. Im ersten Augenblick sah es sehr nach dem Vorwort seines Tantchens aus, Abbildungen von Werkzeugen und ein paar Notizen dazu, doch der Unterschied wurde schnell klar ... praktisch alles waren Hämmer. Da war definitiv eine Menge Neues für den jungen Puppenspieler vorbei, denn bisher war er es lediglich gewohnt damit Nägel ins Holz zu schlagen oder den Meißel in oder an die Oberfläche zu bringen, um das Holz damit in Form zu schaben, hier wurden die Anwendungen jedoch anders und deutlich vielfältiger und mit ihnen auch die Werkzeuge. Nicht nur dass die Hämmer hier praktisch alle sichtlich robuster gebaut und dazu deutlich schwerer waren, probeweise stand Shinki auf und wog das Gewicht und das Gleichgewicht der einzelnen Werkzeuge in seinen Händen ab, die Fläche zum Aufschlag unterschied sich ebenfalls stark von dem gewohnten, gerade bei den größeren die dafür gedacht zu sein schienen gröbere Verformungen zu erzielen. Gerade war Shinki dabei einen solchen Hammer in die Hand zu nehmen und probeweise zu schwingen, wobei er bereits beim dritten Schwinger ein spürbares Zerren am Oberarm verspürte, ein solches das aussagte: "Nicht genug Muskeln, Kleiner", da hörte er plötzlich eine barsche Stimme hinter sich.
"Du nimmst hier besser nichts mit, Knirps!" Vor Schreck wäre ihm beinahe der Hammer aus der Hand geglitten, nur um letzten Moment verkrampften sich seine Finger darum und verhinderten, das Shinki in losließ und über eine peinlich kurze Distanz durch die Schmiede schleuderte, dann hängte er ihn wieder zurück.
"Ich bin hier wegen einer Lieferung von heute morgen, ich hab mich bloß", setze Shinki an und drehte sich zu dem kräftigen alten Mann um, dessen Blick noch immer aussah als wollte er irgendwas zerquetschen und ihn im Satz mit einem groben Schnauben unterbrach.
"Du bist spät, vor mehr als zwei Stunden war vereinbart", brummte er noch immer gereizt, auch wenn nicht mehr in gleichem Maße wie zuvor, dann bedeutete er dem Jungen ihm zu folgen. Kaum fünf Meter aus der Schmiede heraus öffnete der alte Mann eine Tür und bog ein, daraufhin stand er mit Shinki in einem Lagerraum und zeigte brummend auf einen Stapel aufgeschichteter Barren unter denen ein Schild mit dem Namen von Shinks Vater und "bezahlt" stand, die Bestellung.
"Sechs Tage und knapp 22 Stunden, solange kann es hier bleiben. Danach zahlst du mir für jeden Tag weitere 100 Ryo im Voraus oder es verschwindet", brummte er ohne Shinki auch nur anzusehen. Damit verschwand er bereits wieder aus dem Raum und begann damit zwischen der Schmiede und seinem Laden hin und her zu geistern, während nun für Shinki der praktische Teil begann.
Mit fünf Fäden an seiner rechten Hand holte er einen Stapel von acht Barren in den Bereich der Schmiede und legte diesen ab, dann nahm er wieder auf dem Hocker platz und entsiegelte seine Puppe. Mit einer Berührung steckte wieder ein Teil von ihm in ihr, doch für dieses Mal würden seine Fäden die Kontrolle übernehmen und der Teil von Shinki in der Puppe lediglich als zweites Paar Augen fungieren. Das es Shinki an Muskelmasse für einen Schmied fehlte und er zumindest in kürzerer Zeit wenig daran ändern würde war klar und gerade mit ihren sechs Armen und der Kraft seines Puppenspiels war seine Puppe ohnehin viel besser für den Job geeignet, also ließ er sie Hammer und Zange aufnehmen. So studierte er gleichermaßen die Schriftrolle während er als Puppe Hammer und Zange aufnahm und mit dem ersten Prozess begann, damit einen der kleineren Barren zu erhitzen und mit einem der Hämmer mit großer Fläche zunächst einmal abzuflachen und dann langsam zu einem Halbkreis abzurunden, wenn es schon darum ging Puppen zu bauen wollte er sich im groben erst mal an etwas wie einem Arm versuchen, so hämmerte die Puppe darauf ein während Shinki sie an seinen Fäden hielt und der Arbeit selbst keinen Blick schenkte, stattdessen studierte er passend zu der Arbeit in Verrichtung die Aufzeichnungen der Schriftrolle, wobei er lediglich ein paar Mal beim hereinkommen des Besitzers der Schmiede ab und an aufblickte, doch brachten ihn weder dessen verwirrte Blicke, noch seine missbilligenden Schnauber davon ab weiter zu machen.
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