Beitragvon Hikari Hei » Mo 24. Okt 2011, 22:23
Noch in Sunagakure
Da stand er nun, hielt die Hand eines anderen Individuums, die Zeit stand still. Sie war die erste, die seine YOYO-Regel komplett aus dem Gleichgewicht brachte. You're On Your Own. Irgendwann in seiner Gefangenschaft, es war mit Sicherheit einer jener trostlosen Tage, isolierte Hei seine Seele gegen die Außenwelt. Nicht nur, um der Beschimpfungen und dem Hass der Wächter standzuhalten, aber auch um die endlose Einsamkeit, die ihn damals überall hin begleitete und keine Sekunde von der Seite wich, zu überleben. Seitdem lebte er danach: Zeige deine Emotionen nicht, distanziere dich, traue niemandem. Als Kazuya ihn damals aus Root befreite, war das der erste Kratzer in seinem aufgebauten Schild. Die YOYO-Regel wurde gelockert, Hei wollte wieder menschliche Gefühle in sich fühlen, statt dieser gähnenden Leere. Doch noch immer distanzierte er sich von anderen, traute niemandem, selbst Kazuya nicht vollständig. Und er hatte gelebt mit dieser Regel und was noch wichtiger war: Er hatte überlebt. Doch dann traf er Natsumi und der YOYO-Schild begann zu wanken. Bis zu diesem Tage wackelte er immer mehr und auch wenn Hei sich nicht sicher war, so glaubte er doch in jenem Moment als die samtweichen, warmen Hände die seinen ergriffen, dass der Schild sich für eine Person vollkommen geöffnet hatte. Der Moment hätte ewig andauern können und für einen winzigen Augenblick fragte Hei sich, ob er sie küssen sollte. Doch dann war die flüchte Begegnung schon wieder vorbei und erneut standen sich zwei Fremde gegenüber. Hei blinzelte, als wäre er gerade aus einer anderen Welt geholt worden, errötete kurz, so kurz, dass es für das menschliche Auge kaum wahrnehmbar war, dann hatte er sich wieder im Griff und setzte die übliche Miene auf - YOYO war wieder da. Doch diesmal war es anders. Hei wusste, dass es jederzeit wieder durchbrochen werden konnte. Er wollte erleichtert lächeln, doch innerlich schalt er sich für sein romantisch-kitschiges Verhalten. Er hatte hier die Chance, Kazuya seine Schuld zurückzuzahlen. Und Hei wusste, dass er nicht länger in Abhängigkeit leben konnte. Es war Zeit sich von dieser Bürde, die ihn seit Jahren begleitete, zu befreien. Als Natsumi ihren Blick auf den bewusstlosen Kazuya richtete und zu sprechen begann, hörte Hei ihr kaum zu. Seine rechte Hand wanderte hoch, bis sie schließlich sein rechtes Auge ertastete. Er war sich jetzt sicher, was er tun würde. Auge um Auge, Zahn um Zahn, hieß es nicht so? Nun, in seinem Fall hieß es wohl eher, Freiheit um Auge. Bevor er einen neuen Menschen in sein Leben lassen konnte, musste er sich erst von dieser bedrückenden Last erleichtern, die es Kazuya in jedem Augenblick erlaubte, ihn einen geliebten Menschen töten zu lassen. Es war nicht so, dass Hei ein Leben ohne den Uchiha anfangen wollte, beziehungsweise konnte. Er wusste, dass er immer an der Seite des Akatsuki kämpfen. Dankbarkeit war etwas, was man nicht so leicht loswurde. Und dankbar würde er immer sein. Doch die Schuld musste beglichen werden. Einst hatte ihn der Uchiha aus der Dunkelheit geholt und nun war es an dem Hikari ihn aus der Finsternis zu retten. Das Tengan sollte geeignet für eine Transplantation sein, immerhin hatte er die selben Wurzeln - mütterlicherseits. Natsumi hatte die Schriftrolle mittlerweile schon eingesteckt, Kazuya schwebte in Papier gewickelt in der Luft und auch Hei formte Fingerzeichen. Eine Plattform aus Licht entstand unter seinen Füßen und hob ihn wenige Zentimeter über die Erde. "Dann lass uns schnell aufbrechen." Die Plattform stieg höher und mit einem letzten Blick auf den Gedenkstein verließ der Hikari diesen Ort erneut. Er hätte gerne gewusst, was Natsumi in den Stein geritzt hatte, doch fand er, gehörte das nur ihr und den verlorenen Shinobi. Er war es, der die Leben genommen hatte. Seine Relation zu diesen Menschen war eine ganz andere, als die, die Natsumi zu ihnen empfand.
Shikurettobare
Shikurettobare - Geheimes Tal. Hei war gespannt, was ihn in dem mystischen Land der sprechenden Schnecken erwartete. Er war noch nie in dem Reich eines Kuchiyose-Tieres gewesen und umso höher setzte er die Erwartungen. Ein Land voll mit Schnecken, deren Größe so stark variierten wie ihre Persönlichkeit. Hei hoffte, in eine ganz neue Welt einzutauchen, einer Welt in der er noch nie war. Bislang war er Kuchiyose-Tieren nur im Kampf begegnet, insofern hatte er noch nie groß die Möglichkeit gehabt, mit ihnen zu reden. Nebst Kampfgebrüll und Beschimpfungen hatte er keinerlei Gesprächsaustausch mit diesen Kreaturen gehabt. Eine unglaublich warme Vorfreude machte sich also in seinem Magen breit, ein angenehmes Kribbeln, das ihn auf seine Aufregung aufmerksam machte, fast wie ein kleines Kind. Es war auch nicht wenig erstaunlich, dass Hei das Tempo ihrer Reise bis auf das Maximum anspannte, um ihre Ankunftszeit zu beeinflussen. Es dauerte also nicht allzu lang, bis sie die große Wüste hinter sich gelassen hatten und grünes, frisches Land unter ihnen aufblühte. Sie flogen über große Laubwälder, breite Auenfelder, lange Flussverläufe, ehe Natsumi, die die Führung übernommen hatte, schließlich absank. Bald hatten sie eine Gebirgskette überquert und Hei erblickte unter sich eine abgeschottene Idylle. Das Reich der Schnecken war in der Tat so mystisch und fantastisch, wie er es sich ausgemalt hatte. Zu beiden Seiten ragte hohe Felswände empor, die das Reich von der Außenwelt sowohl isolierten, aber auch eine Struktur in das Reich brachten. Ein sanfter Fluss, klarer als alles, was Hei je gesehen hatte, schlängelte sich durch grüne, saftige Wiesen, in welchen sich große, aber auch kleine, Nackt- sowie Gehäußeschnecken tummelten. Hier und dort zierten kleinere Baumgruppen die Umgebung, durchzogen von in der Sonne glitzernden Gesteinen. Der Fluss endete schließlich vor einem riesigen Felskonstrukt, das sich pyramidenartig in die Höhe streckte. Das festungsartige Gebilde erhob sich als Zentrum des traumhaften Bildes und bildete sowohl der Augenfänger des ganzen Bildes, wie auch der finale Höhepunkt einer fast schon märchenhaften Umgebung. Hei flog observierend über das Geschehen, während unter ihnen einige Schnecken ihre nicht vorhandenen Hälse nach den beiden streckten. So traumhaft schön hier alles war, so wusste Hei doch, wie vergänglich selbst diese Schönheit war. Als Rationalist sah er leider nicht nur das Hübsche in den Dingen, sondern auch ihre mögliche Zukunft. Er wusste, dass, sollte Minato seinen Schritt schlussendlich tun, auch diese Idylle gestört werden würde. Das helle Grün würde durchzogen sein mit dunklen Rot, welches aus den klaffenden Wunden getöteter Schnecken stammte. Es stimmte ihn nicht wirklich traurig, es war in seinen Augen lediglich eine mögliche Zukunft, doch er würde alles in seiner Macht stehende tun, um das zu verhindern. Langsam flogen sie immer näher an das Zentrum des Reiches, Natsumi und der Junge voran, hintendran Kazuya, der Grund ihres Aufenthalts hier, und dann schließlich Hei, der seine Umgebung tief in sich hineinzog. Wer wusste schon, wann er das nächste Mal die Möglichkeit hatte, etwas vergleichbares zu sehen? Viel realistischer war es, dass er in naher Zukunft blutgetränkten Boden sehen würde. "Natsumi! Bist du dir sicher, dass die Schnecken mich einfach so in ihr Reich lassen?" Auch wenn er die Schnecken unter sich eher neugierig als feindlich empfand, so wusste er dennoch nicht, wie sie auf einen Fremdkörper reagieren würden.