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Wie ein Sturm schlugen die Sicht behindernden, grauen Wolken auf Myra ein. Was für sie zuvor schützende Deckung war, wurde nun fast zu ihrem Verhängnis. Sie zögerte aber nicht lange und ging, wie dutzende Male geprobt, in die Hocke, rollte zur Seite und entging zu knapp einem heran zischenden Pfeil. Der niedrig gesetzten Flugbahn nach zu urteilen, war er nicht dafür gedacht, sie umzubringen. Bewegungsunfähigkeit war die Absicht des Angriffs. Myra rollte erneut ein Stück vor und der Rauch schien sich langsam zu lichten. Ihre rechte Gesichtshälfte war schon fast gänzlich mit ihrem Blut verschmiert und das Salz brannte wie Hölle in dem Auge. Ein Glück ging der Schnitt knapp daran vorbei. Die Nuke bezweifelte, dass Miyuki ein zerschnittenes Auge heilen konnte. Den Bogen griffbereit und Pfeil angelegt richtete sich das Mädchen auf, wollte Deckung hinter einer niedrigen Mauer suchen, aber soweit sollte es nicht kommen. Denn kaum war der dunkle Rauch aus den Bomben verzogen, offenbarte sich die Übermacht, die Myra gegenüberstand. Sie konnte nicht sagen von woher, aber aus allen erdenklichen Richtungen Schritten maskierte und bewaffnete Frauen und Männer auf sie zu. Manche hielten Armbrust oder Pfeil und Bogen auf sie gerichtet, andere die Kunai und Shuriken wurfbereit und wieder andere die Hände zu Fingerzeichen geformt. Die Spitzöhrige ließ ihren Blick über ihre Gegner schweifen, welche das Mädchen langsam und bedrohlich einkreisten. Dennoch hielt sie ihren Bogen weiterhin schussbereit. Wenn sie kämpfte und dabei lebend aus der Nummer raus kam, hatte Myra Glück. Und wenn sie starb, dann schaffte sie es mit Sicherheit Eindrittel ihrer Feinde mit ins Grab zu reißen. Aber soweit sollte es nicht kommen. Von dutzenden Gegner umkreist, befanden sich zu vielen in ihrem toten Winkel und diese zogen Bolas hinter ihren Rücken hervor. Die schweren Kugeln am Seil in der Luft kreisend, schaffte Myra es mit einem Ausfallschritt einer heran fliegenden Bola auszuweichen. Einer zweiten durch einen Sprung zurück, schoss dabei ihre Pfeil ab, welcher sein Ziel knapp verfehlte. Ehe sie mit den Füßen wieder am Boden war, erwischte sie eine dritte Bola. Keuchend schlug sie auf den Boden auf, ließ ihren Bogen aber nicht fallen. Mit den gefesselten Beinen trat sie nach näher kommenden Gegnern, wollte nach einem Pfeil ziehen, doch wurde ihr da schon der Bogen aus der Hand getreten. Ehe das Mädchen handgreiflicher werden konnte, warf man ein Netz über sie und drückte die Schwarzhaarige zu Boden. Mit ihrer versteckten Klinge versuchte Myra die Seil zu zerschneiden, doch drückte gleich drei ihrer Gegner sie bewegungsunfähig zu Boden und damit war's das für die Nuke. Myra sah, wie zwei Männer Miyuki mit einem festen Griff aus der Taverne brachten und vor ihr in den Dreck schubsten. Man hatte sie also auch erwischt... natürlich. Zwar war die Nuke mit anderem beschäftigt gewesen, aber sie hatte keine Kampfgeräusche aus der Taverne gehört. Vermutlich war die Yuki in eine ebenso aussichtslose Lage geraten, wie Myra selbst.
Miyuki! Sie hob leicht den Kopf an, wurde allerdings sogleich wieder zurück auf den kalten Boden gedrückt. Die Spitzöhrige konnte nicht viel von ihrer Freundin ausmachen, aber sie schien unverletzt. Ihre eigene Wunde brannte mittlerweile umso mehr, besonders im Auge. Nach einer Anweisung von dem Mann, der Miyuki gefangen nahm, begann man die beiden entsprechend zu fesseln, was bei Myra durchaus in einen weiteren kleinen Kampf ausartete, der auf Seiten der Gegner stärkere Prellungen, Kratz- und Bisswunden zur Folge hatte. Während sich das Mädchen weiter gegen ihre Gefangennahme wehrte, hörte sie mit halbem Ohr, dass ihre Feinde Yasuo verschleppten. Besser konnte der Tag kaum noch werden...
Missmutig starrte Myra auf ihre mit starkem Tau gefesselten Füße. Ihre Arme waren an die Gitterstäbe in ihrem Rücken gebunden. Ein weiterer Strick knebelte ihren Mund, damit sie nicht beißen konnte, wenn man ihr zu nahe kam. Miyuki, ebenfalls gefesselt, lehnte dicht bei Myra am Gitter. Es herrschte seit einiger Zeit schweigen. Mittlerweile klebte das Blut in Myras Gesicht und es bildete sich eine elastische Kruste. Die Yuki durchbrach das Schweigen schlussendlich mit einer leisen Entschuldigung, welche die Schwarzhaarige aufsehen ließ. Es klang fast so, als hätte sich das Mädchen kampflos ergeben. Myra runzelte darauf kurz die Stirn, entspannte sich aber wieder. Sie kannte die Situation nicht. Bei einem Patt war es oft sinnvoll, wenn man nachgab. Kaum hatte die Weißhaarige das Wort erhoben, kam auch sogleich eine Reaktion von ihrer Wache, welcher Myra daraufhin einen tödlichen Blick zuwarf. Wäre dieser Typ nicht, hätte die Schwarzhaarige sich schon dreimal befreit. Gewöhnliche Fesseln wie diese hielten sie nicht auf. Ein paar Gelenke ausgekugelt und sie wäre frei. Miyuki erkundigte sich kurz nach Myra Wunde, welche ihre Sorge nur mit einem knappen Nicken abtat. Der Schnitt brannte mittlerweile teuflisch, ganz zu Schweigen von den Blutresten in ihrem Auge, welches durch die Tortur auch schon ganz gerötet war. Mit Pech gab das eine heftige Narben, passend zu ihrem ohnehin schön verzierten Gesicht. Als die Yuki eine Frage stellte, wandte Myra den Kopf in ihre Richtung und der Mann brüllte gleich wieder los.
Mmmpf fdch! Stieß sie ihm durch den Knebel nun ebenfalls wütend entgegen. Man konnte ihre Worte wohl als
"fick dich" deuten.
Halt's Maul jetzt! Sie hätte gerne etwas auf Miyukis Worte erwidert, jedoch bevorzugte sie es im Moment zu schweigen, weswegen sie leicht mit dem Kopf schüttelte. Sie kannte die Typen nicht. Oder... sie legte den Kopf kurz schräg, schien darüber nachzudenken. Zuckte dann mit den Schultern. Vielleicht kannte sie die Bande doch, wer wusste das schon?
Als bald knarzte am anderen Ende des Ganges auch eine Holztür und fremde Männerstimmen hallten durch den Kerkergang. Ihre Wache neigte den ankommenden drei Männern kurz seinen Kopf. Myras Aufmerksamkeit richtete sich auf die Neuankömmlinge und sogleich trat einer von ihnen hervor. Taizo, wie sie annahm. Vielleicht der Anführer, oder so ähnlich, von der Bande. Er unterschied sich im Äußeren nicht besonders von den anderen Männern. Bewaffnet, allerdings unmaskiert. Und irgendwie...
Wer ist und den heute ins Netz gegangen? Zwei junge Mädchen, ja? Irgendwie kam Myra diese Fresse doch ein wenig bekannt vor.
Na sieh mal einer an! Haben die Zwillinge also doch keinen Knick in der Pupille, als sie von einer spitzöhrigen Bestie mit merkwürdigen Tattoos sprachen! Spott lag in der Stimme des Mannes und er ging vor der Zelle in die Hocke. Im Schein der kleinen Lampe, die der Mann in der Hand hielt, konnte Myra sein Gesicht von besser erkennen. Jap, sie kannte die Fresse tatsächlich. Taizo. Dass sie bei dem Namen aber auch nicht hellhörig wurde! Die Schwarzhaarige legte ihren Kopf ein wenig schräg, gab aber weiter keinen Mucks von sich.
Was machst du kleine Zimtzicke hier, mh? Verfolgst du mich etwa, um mir im richtigen Moment einen Pfeil in den Kopf zu jagen und mir meinem Beute unter'm Arsch weg zu stehlen? Verachtung. Myra verdrehte auf seine Worte die Augen. Als ob sie nichts besseres zu tun hätte, als einem Möchtegern Söldner aufzulauern. Da sie nicht reden konnte, blieb es bei dem schweigen und sie starrte den Mann vor sich mit neutralem Blick an. Mit ihrem gereiztem Auge zwinkerte sie häufiger. Für einen Moment starrten beide sich gegenseitig schweigend an, dann grinste der Mann und winkte einen seiner Begleiter neben sich.
Nimmst den Mund mal wieder ganz schön voll, was? Balt? Mach mal den Knebel weg. Besagter Mann ließ sich den Schlüssel zu der Zelle geben, trat damit ein und löste Myras Knebel. Diese verhielt sich dabei erstaunlich ruhig.
Also? Was machst du hier? Oder was macht ihr hier? Wie ich sehe findest du schnell neue Freunde. Freunde, die genauso merkwürdig sind wie du, um das mal anzumerken. Er warf Miyuki einen vielsagenden Blick zu, musterte diese kurz.
Durchreise, was sonst? Wenn es hier irgendwelche Aufträge gäbe, bräuchtet ihr auch nicht kleine Siedlungen überfallen, oder? Meinte die Schwarzhaarige schnippisch, nachdem sie endlich von dem verdammten Strick um ihren Mund befreit wurde. Mit der Zunge fuhr sie sich über die spröden Lippen und beobachtete Taizos Begleitung, wie er wieder aus der Zelle trat und sie abschloss. Taizo lachte auf Myras Worte herzhaft.
Scheiße! Vielleicht sollte ich dir doch wieder das Maul stopfen! Habe schon völlig vergessen, was für eine unnötig riesige und beschissene Fresse du hast! Erneut verdrehte die Nuke die Augen. Wie konnte es auch anders sein? Kaum bewegte man sich außerhalb seiner gewöhnlichen Auftragsgebiete und schon kamen alte Bekanntschaften zurück und bissen ihr hart in den Arsch! Ihr kleiner Disput mit Taizo und seinen Leuten war noch längst nicht vom Tisch. Auch wenn dies schon zwei, drei Jahre her war.
Was ist eigentlich mit Van? Der hat sich in der letzten Zeit ziemlich rar gemacht. Meine Leute berichten kaum noch von seiner weißen Kapuze. Taizo grinste die beiden Mädchen höhnisch an. Gleichgültig zuckte Myra mit den Schultern.
Saufen, Nutten und irgendwie über die Runden kommen. Was soll der sonst schon groß machen? Nun war er es, der mit den Schultern zuckte.
Du hast ihm doch immer am Zipfel seines Mantels gehangen. Und ohne ihn baust du auch nur Mist. Im Gegensatz zu Van wirst du nämlich immer berühmter. Wieder setzte der Mann vor den Gittern sein dreckiges Lächeln auf und Myra verzog nun wütend das Gesicht.
Was willst du, Saftsack? Biestete Myra nun deutlich gereizter. Die gesamte Lage machte sie unheimlich wütend. Wie konnten sie nur so naiv sein und sich derart in Sicherheit wägen? Van hätte ihr dafür zu Recht eine gedonnert! Mit einem zufriedenen Seufzen richtete sich der Mann auf und streckte kurz die Glieder, zückte ein kleines, einfaches Büchlein aus der Hüfttasche.
Ich mache es mir ganz einfach. Er deutete mit dem Buch auf Miyuki.
Deine kleine Freundin wandert nach Konoha in den Bau. Ich habe gehört, dass die sich über jeden Nukenin freuen, den sie aus ihrem Buch streichen können. Ein kleiner Funken von Angst blitzte in Myras Augen auf und sie blickte sogleich zu Miyuki. Ja, Konoha freute sich immer über Nukenin. So sehr, dass sie diese vor lauter Freude erwürgten.
Der Tiger wird verkauft. Entweder an jemanden, der sich über einen guten Pelz freut, oder der sich einen seltenen Säbelzahntiger halten will. In jedem Fall bringt er gut Geld ein. Genauso wie du. Für dich kassiere ich ebenfalls das Kopfgeld. Dann können ich und meine Männer für die nächsten Wochen gut leben! Taizo lachte kurz auf und drehte seine Schulter im Gelenk. Myras Ohren stellten sich auf. Kopfgeld? Hatte Konoha sie also immer noch nicht aus dem Buch gestrichen. Mit Pech war ihr Kopfgeld sogar nochmals gestiegen, wegen pikanter Informationen. Mürrisch seufzte die Nuke.
So viel Kopfgeld kann das Dorf doch gar nicht auf mich ausgesetzt haben, dass es sich derart für euch lohnt. Die hauen euch bestimmt über's Ohr! Ein wenig guten Willen heucheln hatte noch nie geschadet. Doch in diesem Fall schien er ein wenig Fehl am Platz. Taizo warf dem Mädchen nur einen skeptischen Blick zu.
Hä? Wer redet denn hier von 'nem Dorf? Das ist ein Privatanbieter. Ein Dorf würde niemals eine solche Summe aussetzen und die Person lebend wollen! Oder Teile davon... Der Nukenin lachte erneut, dieses mal gehässiger. Myra klappte auf diese Erkenntnis allerdings der Kiefer nach unten, runzelte die Stirn. Ein Privatanbieter? Jemand wollte tatsächlich ihren Kopf so sehr, dass er eine ganze Stange an Geld dafür hin blätterte? Myra war sich in diesem Moment nicht sicher, ob sie sich fürchten oder geschmeichelt fühlen sollte...