
Und kleinkariert war er auch noch. Die Templer mochten ja auch einen tollen Kodex haben, nur wie gesagt: mit den Samurai hatte das Mädchen noch nicht wirklich zu tun. Mit den Plattenfutzis aus der Protzburg schon. Und da der Kodex sich vermutlich sehr auf ihre allerheiligste Göttliche beschränkte... zusammen gefasst sah Myra ihre Chancen zum erfolgreichen Diebstahl hier besser, als bei einer fremden Fraktion. Aber man erkannte ja, was es ihr wirklich einbrachte. Von der einen Scheiße in die nächste. Und alles hatte mit Konoha angefangen. Im Großen und Ganzen störte sich das Mädchen nicht an ihrer unerwünschten Gesellschaft in der Zelle. Zumindest hielt er sie nicht von ihren Ausbruchsplänen ab. Bisher. Schlussendlich wollte sie auch wissen, was den Mann zum aufpassen veranlasste und irgendwie schien sie da einen Schalter bei ihm umzulegen, der ihre Probleme zusätzlich vergrößerte. Seine Stimme wurde lautstark und der Nukenin wurde direkt klar, dass man sie ohne jeglichen Zweifel außerhalb dieser Zelle hören könnte.
Wichser! Alarmiert stopfte sie daher schnell die aus der Wand gelösten Steine zurück an ihre vorgesehene Stelle. Dann richtete sie sich auf und ließ dabei das Messer zurück in ihrem Stiefel verschwinden. Dahin der friedliche Ausbruch. Stattdessen durfte sie sich eine kleine Standpauke anhören. Von jemandem, den sie nicht mal eine Stunde kannte. Was war nur los mit den Leuten? Hatten die nichts besseres zu tun, als eine Schwarzmarkt-Göre über ihr unorthodoxes Leben aufzuklären? Dementsprechend genervt und fast schon gelangweilt sah sie zu dem Mann auch auf. Zwischenzeitlich die Arme vor der Brust verschränkend. Diese ganze Leier hatte sie schon so oft gehört. Und oft genug hatte das Mädchen ihre Prediger vom Gegenteil bewiesen. Und einen Knackpunkt mochte die großartige Ausbildung von ihm und seinen Kollegen haben: Ihr Kodex. Das Leben nach Idealen. In einer Welt, in der Ideale aber keinen Wert besitzen. Und auch wenn er Myra für schwächer hielt, sie kannte die Schwächen ihres Gegenübers. Und der Stärkere wusste die auszunutzen. Daher triggerte es die Spitzohrige nicht so sehr, wie er sie als kleinen Hänfling ohne jegliche Chance darstellte. Es erhöhte nur den Überraschungsmoment. Viel mehr sprach er eine Herausforderung aus, bei der sich ihren Ohren erst aufstellten und dann langsam herab sanken. Ihr Blick veränderte sich entsprechend zu etwas finsterem und eine gewisse Spur von Bosheit, wie man sie wohl nur von der Untergrundszene kannte, blitzte darin auf. Oh sie könnte. Ein Moment der Ablenkung, ein gut gezielter Bolzen. Und Blut am Boden.
Unterschätz' mich ruhig weiter. Auf der Straße lernt man vielleicht anderes, aber genauso viel wie ihr in euren Ausbildungsstätten. Nur mit dem Vorteil, dass es keine idealistischen Kodexe gibt. Ich bin schlimmeres gewohnt als das hier. Wenn du also sehen willst, wie schwach ich bin, dann blinzel' einfach mal.
Und wir sehen dann ja, wem das Messer in der Niere steckt! Zischte Myra, dabei bemüht eine Raumlautstärke zu wahren. Eigentlich wollte sie Gewalt vermeiden. Ein Wunder, bedachte man ihre sonstige Gewaltbereitschaft. Doch wenn man sich ihr in den Weg stellte und die den größeren Nutzen darstellte... Myra schreckte nicht vor Leichen auf ihrem Weg zurück.
Da wurde die Zellentür aufgeschlossen und sie wandte sich fragend in dessen Richtung. Als sie den Eintretenden erblickte, verdrehte das Mädchen zum Teil die Augen. Großartig. Der Chef vom Dienst bereit, einem Übeltäter das Handwerk zu legen. Besser konnte der Tag kaum noch werden. Hätte er sich nicht wenigstens erst morgen dazu erbarmen können? Nicht doch. Und selbstverständlich mit Anhang. Seine Lauchigkeit konnte auch nicht an sich halten, direkt die eigene Stimme wieder rechtschaffene Worte sagen zu hören und die Platte spielte für Myra von Neuem. Nur eine Sache wurmte das Mädchen nun und ließ sie auch den Mund ein wenig verziehen. Ihr Verhalten fiel in gewisser Hinsicht auch auf Miyuki zurück. Man würde ihre Wahl von Freundschaften in Frage stellen. Dass für Myra die Aktion nicht so glimpflich ausging war für das Mädchen ziemlich selbstverständlich. Nur hatte sie eben ihre Freundin dabei nicht bedacht. Nur irgendwie entwickelte sich die Begegnung in eine seltsame Richtung. Die Schwarzhaarige sollte sogar tatsächlich das ergaunerte Diebesgut zurück erhalten. Fragend legte sie den Kopf leicht schräg und nur eines von beiden Ohren aufgestellt. Das raffte die Nukenin nicht. Nun, zumindest bis zu dem Punkt, als die Bedingung kam.
Pppffff WAS? Entglitt es der Spitzohrigen dabei lautstark und starrte die wandelnde Leiche vor sich entgeistert an. Und es war nicht mal die Möglichkeit ein Gliedmaß zu verlieren, was bei dem Mädchen beinahe für einen Herzstillstand sorgte.
Hand abschlagen, okay. Standardprozedur. Aber... HÄÄ? Ist das irgendwie eure Art, 'n Verbrecher Buße tun zu lassen, oder was? Was bitte brachte es dieser Fraktion ihre Verbrecher dem Dienst zu verpflichten? Fürchteten sie denn kein Messer im Rücken? Hochgradigen Verrat? Irgendwie wollte die Logik dahinter nicht so ganz in Myras Kopf rein. Und Zeit gab er dem Mädchen auch nicht mal.
Kann ich wenigstens vorher wissen, was mit "Dienst" genau gemeint ist? Ich meine wie soll ich da abwägen... Myra beendete ihren Satz nicht, gestikulierte nur sichtbar unter Stress stehend wild.
Himmel, Arsch und Zwirn! Knurrte sie schwer verständlich in sich hinein. Dann aber sammelte sie sich, verschränkte den einen Arm unter der Brust und knetete mit der anderen Hand angestrengt ihre Stirn. Tick Tack, kleiner Langfinger. Viele Dinge schossen Myra nun durch den Kopf. Und irgendwie sah sie nun Parallelen zum letzten Mist, den sie fabriziert hatte. Mit den Sklaven. Da hatte sie alle, Van, Marik und Tish in die Sache hinein gezogen. Besonders Marik. Wie geriet sie immer nur in diese Scheiße? Und wie zum Teufel hatte Myra mit ihrer Lebenseinstellung bisher überlebt? Ohnehin seltsam, den Verlust der Hand gegen simple Pflichterfüllung abzuwägen. Aber die Nukenin war eben Nutzungsorientiert. Schließe sie sich Ishgard an, würde sie Freiheit und Mobilität verlieren. Täte sie es nicht, könnte sie den Kampf mit dem Bogen in die Tonne treten. Und man würde sie vermutlich als Feindin der Fraktion betrachten, sprich der Kontakt zu Miyuki würde abbrechen, da man sie sonst noch als Verräterin darstellte. Und was der Schwarzhaarigen weiterhin in den Sinn kam war ihr geheimnisvoller Verfolger, der sie beinahe ins Jenseits geprügelt hatte. Ohne zweite Hand und vogelfrei könnte sie gleich zu ihm gehen. Oh, und Konoha. 'Nuff said. All diese Punkte innerhalb der minimalen Zeitspanne an der Oberfläche kratzend abgewägt hätte das Mädchen beinahe bei Entschluss kotzen können.
Aaaaach! Na gut. Schließe ich mich halt Ishgard an. Aber ich lass mich nicht in einen eurer Röcke zwängen! Myra merkte man den Widerwillen an, aber die Alternative ließ keine rosige Zukunft in Aussicht. Und sie wollte Miyukis weiteres Ansehen innerhalb ihrer Heimat nicht weiter schaden. Van und Marik würden dem Mädchen vermutlich den Kopf abreißen, geschweige sie mit dem Arsch überhaupt noch angucken. Aber irgendwo müsste sie Opfer bringen. So fiel sie den beiden wenigstens nicht weiter dank fehlender Hand zur Last.